
Einfuhr geringer Mengen von Betäubungsmitteln
Die Einfuhr einer geringen Menge von Betäubungsmitteln steht im Spannungsfeld zwischen Strafbarkeit und möglicher Verfahrenseinstellung. Nach § 29 Abs. 5 BtMG kann das Gericht von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter Betäubungsmittel lediglich in geringer Menge zum Eigenverbrauch einführt. Diese Ermessensvorschrift bedeutet jedoch keine automatische Straffreiheit. Die Definition der „geringen Menge“ variiert je nach Substanz: Bei Cannabis liegt der Richtwert zwischen 6-10 Gramm, bei Kokain zwischen 3-5 Gramm und bei Heroin zwischen 1-3 Gramm. Trotz dieser Richtwerte bleibt die Einfuhr grundsätzlich strafbar und kann zu einem Ermittlungsverfahren führen. Als Strafverteidiger berate ich Sie gerne im Detail.
Bei Kontrollen an Grenzen oder im grenznahen Bereich mit Betäubungsmittelfund folgen meist unmittelbare Maßnahmen: Die Betäubungsmittel werden beschlagnahmt, Personalien aufgenommen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Betroffene sollten in dieser Situation Ruhe bewahren, den Anweisungen der Beamten folgen und von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, bis sie anwaltlich beraten wurden. Die frühzeitige Kontaktaufnahme zu einem im Betäubungsmittelstrafrecht erfahrenen Rechtsbeistand ist entscheidend, um eine passende Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Besonders wichtig ist die Dokumentation des gesamten Vorgangs und die sorgfältige Aufbewahrung aller ausgehändigten Unterlagen wie Beschlagnahmeprotokolle oder Vorladungen.
Das Wichtigste im Überblick
Die Einfuhr einer geringen Menge Betäubungsmittel ist grundsätzlich strafbar, kann aber unter bestimmten Umständen gemäß § 29 Abs. 5 BtMG von der Strafverfolgung ausgenommen werden
Die Grenzwerte für ``geringe Mengen`` sind je nach Bundesland und Betäubungsmittel unterschiedlich; bei Cannabis liegt der bundesweite Richtwert bei 6-10 Gramm
Bei einem strafrechtlichen Verfahren wegen Einfuhr geringer Mengen ist frühzeitige anwaltliche Beratung entscheidend, um mögliche Verteidigungsstrategien zu entwickeln und das Strafmaß zu minimieren
Einfuhr geringer Mengen von Betäubungsmitteln – ein relevantes Thema
Die Einfuhr von Betäubungsmitteln nach Deutschland ist ein Thema, das für viele Menschen rechtlich unübersichtlich erscheint. Besonders die Frage, welche Konsequenzen die Einfuhr geringer Mengen haben kann, sorgt häufig für Unsicherheit. Viele Personen unterschätzen die rechtlichen Folgen, die selbst bei kleinen Mengen eintreten können, oder sind sich der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst.
Reisende, die aus den Niederlanden, Tschechien oder anderen Ländern mit teilweise liberalerer Drogenpolitik zurückkehren, befinden sich oft in der irrtümlichen Annahme, dass geringe Mengen für den Eigenbedarf auch in Deutschland geduldet werden. Die Realität sieht jedoch anders aus: Die Einfuhr von Betäubungsmitteln ist grundsätzlich strafbar – unabhängig von der Menge.
Rechtliche Grundlagen zur Einfuhr geringer Mengen
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als zentrale Rechtsquelle
Die rechtliche Beurteilung der Einfuhr von Betäubungsmitteln findet ihre Grundlage im Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Dieses regelt umfassend den Umgang mit suchterzeugenden Substanzen in Deutschland. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG ist bereits der unbefugte Besitz von Betäubungsmitteln strafbar. Die Einfuhr wird speziell in § 29 Abs. 1 Nr. 1 und § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG geregelt.
Entscheidend für die rechtliche Bewertung ist zunächst die Frage, ob eine Substanz überhaupt unter das BtMG fällt. Dies wird durch die Anlagen I bis III zum BtMG bestimmt, die regelmäßig aktualisiert werden. Bekannte Betäubungsmittel wie Cannabis, Kokain, Heroin, MDMA (Ecstasy) und LSD sind dort aufgeführt und unterliegen somit den Bestimmungen des Gesetzes.
Der Strafrahmen für die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln sieht gemäß § 29 Abs. 1 BtMG eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Bei nicht geringen Mengen erhöht sich das Strafmaß nach § 30 BtMG auf mindestens ein Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe.
Die „geringe Menge“ im rechtlichen Sinne
Eine zentrale Rolle im BtMG spielt der Begriff der „geringen Menge“. Gemäß § 29 Abs. 5 BtMG kann das Gericht von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter Betäubungsmittel lediglich in geringer Menge zum Eigenverbrauch einführt. Wichtig ist hier das Wort „kann“ – es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Gerichts, nicht um einen Automatismus.
Die Definition dessen, was als „geringe Menge“ gilt, ist nicht einheitlich im Gesetz festgelegt, sondern hat sich durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften der Bundesländer entwickelt. Diese Grenzwerte sind für verschiedene Betäubungsmittel unterschiedlich und orientieren sich am Wirkstoffgehalt:
- Cannabis: Bundesweit liegt der Richtwert zwischen 6 und 10 Gramm THC (Tetrahydrocannabinol)
- Kokain: Die Grenze liegt je nach Bundesland zwischen 3 und 5 Gramm
- Heroin: Hier gelten Mengen von 1 bis 3 Gramm als gering
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Grenzwerte nur Richtlinien darstellen und im Einzelfall die Entscheidung beim Gericht liegt. Zudem ist zu beachten, dass selbst bei Unterschreiten dieser Grenzwerte keine Garantie für eine Einstellung des Verfahrens besteht.
Besonderheiten bei der Einfuhr im Vergleich zum Besitz
Die Einfuhr von Betäubungsmitteln wird rechtlich härter bewertet als der bloße Besitz innerhalb Deutschlands. Dies liegt daran, dass die Einfuhr als Teil der Handelskette gesehen wird und somit zur Verbreitung von Betäubungsmitteln beiträgt. Die Staatsanwaltschaften tendieren daher dazu, bei Einfuhrdelikten weniger von Einstellungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen als bei reinen Besitzdelikten.
Hauptaspekte der Einfuhr geringer Mengen von Betäubungsmitteln
Unterscheidung nach Art des Betäubungsmittels
Die rechtliche Bewertung und die möglichen Konsequenzen unterscheiden sich erheblich je nach Art des eingeführten Betäubungsmittels. Dies liegt zum einen an den unterschiedlichen Grenzwerten für „geringe Mengen“, zum anderen aber auch an der grundsätzlichen Gefahrenbewertung der verschiedenen Substanzen durch den Gesetzgeber und die Gerichte.
Bei „harten Drogen“ ist die Grenze der geringen Menge deutlich niedriger angesetzt, und die Gerichte sind zurückhaltender mit der Anwendung von § 29 Abs. 5 BtMG. Dies spiegelt die höhere Gefährlichkeit und das größere Abhängigkeitspotenzial dieser Substanzen wider.
Subjektive Tatseite: Vorsatz und Fahrlässigkeit
Für die Strafbarkeit nach dem BtMG ist grundsätzlich Vorsatz erforderlich. Das bedeutet, der Täter muss wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass er Betäubungsmittel einführt. In der Praxis ergeben sich hier jedoch zahlreiche Fallkonstellationen, die rechtlich unterschiedlich zu bewerten sind:
- Bewusste Einfuhr zum Eigenkonsum: Der Klassiker ist der Reisende, der bewusst Betäubungsmittel aus dem Ausland zum eigenen Konsum mitbringt.
- Einfuhr als „Gefälligkeit“ für Dritte: Hier liegt strafrechtlich oft mehr als nur ein Eigenbedarfsfall vor, da die Weitergabe an andere geplant ist.
- Unwissentliche Einfuhr: In seltenen Fällen werden Personen als „Drogenkuriere“ missbraucht, ohne davon zu wissen – beispielsweise durch versteckte Betäubungsmittel im Gepäck.
Grenzüberschreitende Aspekte und spezifische Problemfelder
Die Einfuhr geringer Mengen von Betäubungsmitteln wirft spezifische grenzüberschreitende Rechtsfragen auf. Besonders relevant sind:
Unterschiedliche Rechtslage in Nachbarländern
Viele Personen sind sich der unterschiedlichen Rechtslage in europäischen Nachbarländern nicht ausreichend bewusst. In den Niederlanden wird der Besitz geringer Mengen Cannabis zum Eigenbedarf geduldet, was jedoch nicht mit einer Legalisierung gleichzusetzen ist. In Tschechien gelten andere Grenzwerte für den Besitz zum Eigenbedarf. Diese Unterschiede führen häufig zu Missverständnissen und der falschen Annahme, dass die liberalere Handhabung im Ausland auch für die Einfuhr nach Deutschland gilt.
Kontrollen an EU-Binnengrenzen
Obwohl im Schengen-Raum grundsätzlich keine systematischen Grenzkontrollen mehr stattfinden, führen Bundespolizei und Zoll regelmäßig stichprobenartige Kontrollen in grenznahen Gebieten durch. Diese sogenannten Schleierfahndungen sind rechtlich zulässig und dienen explizit auch der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Betäubungsmittelkriminalität.
Internetbestellungen aus dem Ausland
Ein zunehmendes Phänomen ist die Bestellung von Betäubungsmitteln über das Internet – sei es aus dem EU-Ausland oder aus Drittländern. Rechtlich handelt es sich auch hier um eine Einfuhr, die unter die Strafbarkeit des BtMG fällt. Die Anonymität des Internets bietet keine rechtliche Ausnahme, und auch kleine Mengen für den Eigenbedarf sind bei dieser Form der Einfuhr grundsätzlich strafbar.
Praktische Tipps für Betroffene
Verhalten bei Kontrollen an der Grenze
Wird man an der Grenze oder im grenznahen Bereich kontrolliert und hat Betäubungsmittel dabei, ist folgendes Verhalten empfehlenswert:
- Ruhe bewahren und den Anweisungen der Beamten Folge leisten
- Respektvoller Umgang mit den Kontrollbeamten – Aggressivität oder Fluchtversuche verschlechtern die Situation erheblich
- Vom Recht zu schweigen Gebrauch machen – keine unüberlegten Aussagen oder Geständnisse
- Keine Zustimmung zu weitergehenden Durchsuchungen geben, wenn diese nicht ohnehin rechtlich zulässig sind
- Nach Möglichkeit auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bestehen
Umgang mit Vernehmungen und Ermittlungsverfahren
- Nutzen Sie Ihr Aussageverweigerungsrecht zunächst, bis Sie anwaltlich beraten wurden
- Lassen Sie sich nicht zu spontanen Geständnissen oder umfassenden Erklärungen drängen
- Fertigen Sie ein Gedächtnisprotokoll an: Wann und wo fand die Kontrolle statt? Wer war dabei? Was wurde gesagt und getan?
- Bewahren Sie alle Unterlagen auf (Beschlagnahmeprotokolle, Vorladungen, etc.)
- Nehmen Sie Kontakt zu einem auf Betäubungsmittelrecht spezialisierten Rechtsanwalt auf
Die richtige Strategie bei Verfahren wegen Einfuhr geringer Mengen
Die Einfuhr geringer Mengen von Betäubungsmitteln ist nach dem deutschen Recht grundsätzlich strafbar, kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Einstellung des Verfahrens führen. Entscheidend sind dabei neben der Art und Menge des Betäubungsmittels auch die Umstände des Einzelfalls und die persönliche Situation des Betroffenen.
Eine durchdachte Verteidigungsstrategie kann in vielen Fällen zu einer deutlichen Verbesserung der rechtlichen Situation führen. Zentrale Elemente sind dabei die frühzeitige anwaltliche Beratung, das richtige Aussageverhalten und gegebenenfalls die Bereitschaft zu therapeutischen Maßnahmen bei vorliegender Abhängigkeitsproblematik.
Wichtig ist jedoch vor allem eines: Die beste Verteidigungsstrategie ist die Vermeidung von Straftaten. Auch wenn in manchen Nachbarländern ein liberalerer Umgang mit bestimmten Betäubungsmitteln praktiziert wird, sollte man sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst sein, die eine Einfuhr nach Deutschland haben kann.
FAQ
Ist die Einfuhr von Cannabis nach der Teillegalisierung in Deutschland erlaubt?
Nein, die seit April 2024 geltende Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland betrifft nicht die Einfuhr. Die Einfuhr von Cannabis aus dem Ausland bleibt weiterhin nach dem BtMG strafbar, auch wenn es sich um geringe Mengen zum Eigenkonsum handelt.
Was genau bedeutet "geringe Menge" im rechtlichen Sinne?
Der Begriff „geringe Menge“ ist nicht einheitlich im Gesetz definiert. Die Grenzwerte unterscheiden sich je nach Betäubungsmittel und teilweise auch nach Bundesland. Bei Cannabis liegt der bundesweite Richtwert bei etwa 6-10 Gramm, bei Kokain zwischen 3-5 Gramm und bei Heroin zwischen 1-3 Gramm.
Wird ein Verfahren automatisch eingestellt, wenn ich nur eine geringe Menge für meinen persönlichen Gebrauch eingeführt habe?
Nein, es gibt keinen Automatismus. Gemäß § 29 Abs. 5 BtMG „kann“ das Gericht von einer Bestrafung absehen – es muss es aber nicht. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Was droht mir, wenn ich mit einer geringen Menge Betäubungsmittel an der Grenze erwischt werde?
Zunächst wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die möglichen Konsequenzen reichen von einer Einstellung des Verfahrens bis hin zu einer Geldstrafe oder in seltenen Fällen einer Freiheitsstrafe. Entscheidend sind die genaue Menge, das Betäubungsmittel, Ihre persönliche Vorgeschichte und die Umstände des Einzelfalls.
Sollte ich bei einer Kontrolle gleich gestehen, dass ich Betäubungsmittel dabeihabe?
Grundsätzlich steht Ihnen das Recht zu, keine selbstbelastenden Angaben zu machen. Es empfiehlt sich, zunächst von diesem Recht Gebrauch zu machen und sich anwaltlich beraten zu lassen, bevor Sie Aussagen tätigen.
Muss ich mit einem Eintrag im Führungszeugnis rechnen?
Wird das Verfahren eingestellt, erfolgt kein Eintrag ins Führungszeugnis. Bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe erfolgt ein Eintrag, der nach bestimmten Fristen wieder gelöscht wird.
Unterscheiden sich die rechtlichen Folgen je nach Art des Betäubungsmittels?
Ja, die rechtlichen Folgen können sich erheblich unterscheiden. Bei Cannabis ist die Rechtspraxis tendenziell milder als bei „harten Drogen“ wie Heroin oder Kokain. Auch die Grenzwerte für „geringe Mengen“ sind je nach Betäubungsmittel unterschiedlich.
Was passiert, wenn ich behaupte, nichts von den Betäubungsmitteln in meinem Gepäck gewusst zu haben?
Der fehlende Vorsatz würde grundsätzlich zur Straflosigkeit führen. Allerdings müssen Sie diese Behauptung glaubhaft machen können, was in der Praxis oft schwierig ist. Die Ermittlungsbehörden prüfen in solchen Fällen genau die Gesamtumstände.
Wirkt sich eine therapeutische Behandlung positiv auf mein Verfahren aus?
Ja, die Bereitschaft zu einer Therapie kann sich positiv auswirken. Bei einer bestehenden Abhängigkeit besteht unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Möglichkeit, die Strafe zugunsten einer Therapie zurückzustellen (§ 35 BtMG).
Was ist der Unterschied zwischen der Einfuhr geringer Mengen und einem Einfuhrschmuggel?
Die Einfuhr geringer Mengen zum Eigenkonsum wird nach § 29 BtMG beurteilt und kann unter bestimmten Umständen zu einer Einstellung führen. Einfuhrschmuggel im größeren Stil oder mit Gewinnabsicht fällt unter die härteren Strafvorschriften des § 30 BtMG und führt in der Regel zu Freiheitsstrafen.
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