Handshake - Verabredung einer Straftat

Versuchte Anstiftung zum Mord – auch ohne Haupttäter?

Nicht nur, wer selbst eine Straftat begeht, kann verurteilt werden: Auch wer eine andere Person dazu anstiftet, eine Straftat zu begehen kann wegen dieser Tat verurteilt werden und zwar als Anstifter.

Aber kann man sich auch wegen versuchter Anstiftung strafbar machen, wenn man noch keine Person gefunden hat, die die Tat begehen soll? Kann man sich wegen versuchter Anstiftung strafbar machen, wenn noch nicht einmal klar ist, ob man eine Person findet, die die Straftat begeht?

Über einen solchen Fall urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) Ende 2023 (BGH, Urteil v. 29.11. 2023, Az.: 6 StR 179/23), indem die Anklage auf versuchte Anstiftung zum Mord lautete.

Der Urteilsspruch – klar und deutlich

Urteile der höchsten deutschen Gerichte sind oft schwer verständlich. In diesem Fall hat der BGH seinen Urteilsspruch allerdings recht klar und deutlich formuliert:

  1. Die Verabredung zur Anstiftung zu einem Verbrechen ( 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB) setzt eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, gemeinschaftlich einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens anzustiften.
  2. Der Verwirklichung steht nicht stets entgegen, dass im Zeitpunkt der Übereinkunft die Person des präsumtiven Täters noch nicht feststeht und unklar ist, ob überhaupt ein solcher gefunden und bestimmt werden kann.

Oder noch einfacher formuliert: Personen können sich wegen versuchter Anstiftung strafbar machen, wenn

  • sie sich einig sind, dass eine dritte Person für sie eine Straftat begehen soll,
  • noch nicht klar ist, wer genau die Tat am Ende begehen soll,
  • sie sich aber schon auf einen Plan für die Tat geeinigt haben.

Wer also mit einer anderen Person detailliert eine Straftat plant und sich mit der anderen Person darüber einig ist, dazu eine andere Person anzustiften, kann sich allein dadurch strafbar machen.

Was war im Fall vor dem BGH passiert?

Im Fall vor dem BGH ging es um zwei zerstrittene Nachbarn. Die beiden waren derart über Kreuz, dass ein Nachbar dafür sorgen wollte, dass der unliebsame Nachbar nicht mehr in seine Wohnung zurückkehren kann. Er wollte seinen Nachbar deswegen zu einem schweren Pflegefall machen und ihn dafür entsprechend schwer verletzen. Wie genau, war ihm nicht wichtig.

Selbst erledigen wollte der Mann das allerdings nicht und suchte zusammen mit einem Bekannten in kriminellen Kreisen eine Person, die den Nachbarn noch vor Weihnachten „beseitigen“ sollte. Allein: Es  fand sich niemand, der diesen „Job“ erledigen konnte. Allerdings erfuhr die Polizei von dem Vorfall, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage.

Straflose Vorbereitungshandlung vs. Verabredung zu einem Verbrechen

Das Landgericht sprach den Nachbarn und seinen Bekannten frei: Was die Männer gemacht hätten, sei nur eine straflose Vorbereitungshandlung für eine Straftat gewesen. Zwar müsse der Anstifter keine exakten Vorgaben zur Tatausführung machen, wenn es ihm nur auf das Ergebnis (= „beseitigen“) ankommt. Allerdings sei eine hinreichend konkretisierte Anstiftungshandlung notwendig. An der habe es gefehlt. Die Männer hätten sich „nur“ darüber geeinigt, jemanden zu finden, der den Nachbarn beseitigt.

Anders beurteilte das der BGH: Die Planung der Straftat sei konkret genug gewesen, sowohl in Hinblick auf die Tat („Beseitigung des Nachbarn“) als auch auf die Anstiftung: zwischen den Männern war klar verabredet, dass eine dritte Person den Nachbarn beseitigen bzw. mindestens schwer verletzen soll – man habe auch schon potenzielle Täter angesprochen. Außerdem sei klar gewesen, dass der Plan noch vor Weihnachten ausgeführt werden soll.

Der BGH argumentierte: Der Zweck des Gesetzes, potenzielle Opfer vor Straftaten zu schützen, rechtfertigt schon die Strafbarkeit der Verabredung zur Anstiftung zu einem Verbrechen – unabhängig davon, ob ein ausführender Täter gefunden wird oder nicht.

Welche Bedeutung hat dieses Urteil?

Das Urteil zeigt, dass der BGH die Strafverfolgung bei Verabredungen zur Anstiftung ernst nimmt. Das Gericht geht in diesem Urteil davon aus, dass eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung – hier zum Mord! – schon möglich ist, wenn der Tatplan zwar steht, aber die Tatdurchführung noch vollkommen unklar ist. Die Strafbarkeit in diesem Zusammenhang wird also mit diesem Urteil deutlich ausgeweitet.